#JUngeMeinung – Musk in der Welt

Die Kritik an der Veröffentlichung des Gastbeitrags von Elon Musk in der WELT am Sonntag ist falsch. Dass Politikerinnen und Politiker, allen voran Saskia Esken und Matthias Miersch von der SPD, diejenigen Journalistinnen und Journalisten loben, die „klar Haltung zeigen“, indem sie gegen die Veröffentlichung des Beitrags protestieren, ist ebenso falsch:

  1. „Sagen, was ist“ – Diese Worte Rudolf Augsteins werden von vielen Journalistinnen und Journalisten fehlinterpretiert als ein „Sagen, was soll“ bzw. (noch „besser“) als ein „Sagen, was ich [der Journalist/die Journalistin] meine“. Elon Musk ist der reichste Mann der Welt und wird in der kommenden Trump-Regierung eine (Stand jetzt) entscheidende Rolle spielen. Wenn eine derart bekannte und einflussreiche Person eine Meinung hat, ergibt sich der Grund für eine Auseinandersetzung mit ihr bereits aus eben dieser Tatsache heraus.
  2. Hätten Emmanuel Macron oder Joe Biden oder ein anderer Politiker oder Unternehmer oder eine x-beliebige, weltbekannte Persönlichkeit einen Gastbeitrag geschrieben und abdrucken lassen, hätte es keinen Aufschrei gegeben, und zwar, weil deren Meinung vermutlich „genehm“ gewesen wäre. Hier liegt das Kernproblem des jüngsten Aufschreis: Nur weil mir der Inhalt einer Meinung, die in keiner Weise strafwürdig ist oder die verfassungsrechtlichen Grenzen des Sagbaren verletzt, missfällt, darf ich doch nicht verlangen, dass sie nicht geäußert wird?! Ich darf diese mir unliebsame Meinung als falsch oder gefährlich oder als provokant, etc. bezeichnen, aber sagen, dass diese Meinung nicht geäußert werden soll, klingt für mich nicht nach Demokratie und Meinungsvielfalt. Meinungsfreiheit bedeutet nun einmal, dass ich damit leben muss, dass neben meiner Meinung auch andere, abweichende, in meinen Augen falsche Meinungen existieren. Die Meinungsfreiheit (nur) so lange hochzuhalten wie meine Meinung wiedergegeben wird, ist einfach. Andere Meinungen auszuhalten, sind wir als Gesellschaft scheinbar nicht mehr imstande.
  3. Zudem: Ist es nicht besser, die gemeinhin unliebsame Meinung Musks in einer großen Zeitung mit einem danebenstehenden ebenso langen Gegenkommentar abzudrucken, als Musks Meinung, die so oder so existiert, unabhängig davon, ob ich sie teile oder nicht oder ob sie dort zu lesen ist oder nicht, auf X ohne Gegenkommentar zu finden? Denn im letztgenannten Fall verfalle ich ihr doch viel eher (?!), während bei erstgenannter Variante für mich die Möglichkeit besteht, mir Musks Meinung anzuhören und mich mit ihr auseinanderzusetzen, ohne dass die Gefahr besteht, sie unbesehen zu übernehmen. Nur um nicht falsch verstanden zu werden: Mein
    Lieblingspolitiker ist Carsten Linnemann, mein Lieblingsjournalist heißt Robin Alexander. Und ich bin ganz bestimmt nicht Musks Meinung, wenn er meint, man solle die
    AfD wählen. Ich stehe aber dafür ein, dass ich es aushalten muss, wenn jemand, egal ob in Deutschland wahlberechtigt oder nicht, ob arm oder reich oder ob klug oder nicht, diese Meinung vertritt und sie in die Öffentlichkeit trägt. An dieser Stelle kann ich sagen, dass ich diese Meinung falsch finde. Verbieten darf ich sie deshalb aber nicht.
    Die vorangegangenen Worte stellen meine Meinung dar. Dass es sich um eine Meinung handelt, ergibt sich schon aus der Natur dieses Beitrags als Kommentar. Gleiches gilt – um wieder zum Ausgangstext zurückzukommen – für als „Gastkommentar“ bzw. „Gastbeitrag“ überschriebene Texte. Was genau hat die WELT am Sonntag falsch gemacht? Eine in den Augen vieler (vielleicht sogar der meisten) unpopuläre Meinung eines weltbekannten Unternehmers, der in der USPolitik mitmischt, als Meinung zu kennzeichnen und abzudrucken? Und einen Gegenkommentar daneben zu veröffentlichen? Woraus resultiert der Aufschrei? Ich verstehe es nicht.