„Bauern in fremden Winkelzügen“ – Deutschland muss Außenpolitik neu denken

Der Versuch, Russland oder China durch Handel und Investitionen an den Westen zu binden oder gar zu demokratisieren, ist in seiner Vollständigkeit gescheitert. Das außenpolitische Gebaren beider Akteure zeigt, dass man Härte immer mit Härte begegnen muss. Deshalb muss Deutschland in enger Kooperation mit seinen Verbündeten und Akteuren wie den USA, Japan und der Republik China (Taiwan) versuchen, die aggressive Einflussnahme Russlands und Chinas zurückzudrängen.

Russland

Unter Präsident Putin hat der Kurs der nach dem Fall der Sowjetunion begonnene Prozess einer russischen Demokratisierung und Annäherung an den Westen sein Ende genommen. Er wurde ersetzt mit einem neo-imperialen Kurs, mit welchem Russland versucht, die ehemalige Einflusssphäre der Sowjetdiktatur nachzuempfinden. Dies geschieht mittels gezielter Destabilisierung und Einflussnahme in ganz Europa, mittels der Unterstützung für die sogenannten „Separatisten“ im ukrainischen Osten und mit militärischen Interventionen, gerne unter dem Deckmantel des „Peacekeepings“, im Nahen Osten und in Armenien. Im Zuge der Coronapandemie ist eine „Impfstoffdiplomatie“ hinzugekommen, mit der Russland seinen Einfluss auszubauen versucht.

Während andere Länder diese Bedrohung erkannt haben, will Deutschland diese ganz offensichtlich nicht wahrhaben. Nordstream II wird vorangetrieben in dem Glauben, die Abhängigkeit Russlands von Erdöl und Erdgas könne genutzt werden, um es in einem produktiven Diskurs zu binden. Gleichzeitig versuchen außenpolitisch desorientierte Ministerpräsidenten, russischen Impfstoff zu beschaffen, und machen sich so zu Bauern in den Winkelzügen Moskaus.

Die allgemeine Passivität im Falle der nun verschärften Ukrainekrise zeigt, dass nur wenige gewillt scheinen, sich den russischen Aggressionen entgegenzustellen. Selbst wenn es niemanden interessiert, dass die russische Annexion der Krim und die Unterstützung für die Separatisten einen offenen Bruch des Völkerrechts darstellen, sollte auch Deutschland vorsichtig werden, wenn dieser im eigenen Vorgarten stattfindet.

Deutschland muss spätestens jetzt lernen, echte politische und militärische Verantwortung zu übernehmen. Das Projekt Nordstream II muss beendet werden, und mit ihm die deutsche Abhängigkeit von russischen Erdölexporten. Zudem müssen die Sanktionen gegenüber Russland massiv ausgeweitet werden, denn die einzige Möglichkeit, das Regime Putins zu schwächen, ist es, die innen- und wirtschaftspolitische Lage für ihn untragbar zu machen. Gleichzeitig muss die militärische Präsenz der NATO in Osteuropa unter deutscher Beteiligung ausgebaut werden und der Ukraine eine mittelfristige Perspektive für einen Beitritt zur NATO verschafft werden, verbunden mit kurzfristigen Wirtschafts- und Militärhilfen, um die Ukraine zu stabilisieren.

China

Auch China verfolgt einen aggressiven außenpolitischen Kurs. Ganz wie Russland bemüht sich China, seinen Einfluss in der Welt auszubauen. Neben der offenen militärischen Agitation im südchinesischen Meer betreibt China vor allem einen wirtschaftspolitischen Ansatz, der die neugewonnene ökonomische Macht nutzt, um Einfluss zu kaufen. Dies geschieht nicht nur in Afrika, wo China massive Investitionen tätigt, sondern auch in Europa und in Deutschland, wo China seine „Neue Seidenstraße“ enden lassen will, die die Exportrouten für chinesische Waren verkürzen und unter chinesische Kontrolle bringen soll. Neben den Einkauf von politischer Macht, kauft China ebenso Knowhow auf, eine Entwicklung, die sich im Rahmen der Coronakrise verschärft hat. Zudem betreibt auch China eine erfolgreiche „Impfdiplomatie“.

Um diesen ökonomischen Ansatz zu supplementieren, betreibt China weltweit die sogenannten Konfuzius-Institute, die die Kultur und Politik Chinas exportieren sowie die Interessen Chinas vertreten sollen. Gleichzeitig sind diese unter anderem von deutschen Universitäten geförderten Bildungseinrichtungen wiederholt Spionagevorwürfen ausgesetzt, die dazu geführt haben, dass etwa die USA begonnen hat, die dortigen Institute zu schließen.

Erneut begegnet Deutschland dieser Bedrohung mit größtmöglicher Naivität, statt der Herausforderung deutscher, europäischer und westlicher Wirtschaftsmacht zu begegnen. Immer noch glaubt man, dass Handel mit China eine Demokratisierung bewirken könnte. Stattdessen hat dieser Ansatz nur eines erreicht, nämlich das Wirtschaftswachstum, und damit die Macht Chinas, zu befeuern.

Auch hier kann Deutschland von seinen Partnern lernen, indem es beginnt, sich von China abzunabeln. Chinesische Investitionen in Europa müssen beschränkt, der Aufkauf von ganzen Firmen unterbunden und die Partizipation von chinesischen Firmen in europäischen Projekten beendet werden. Insbesondere bei sicherheitsrelevanter Kommunikationsinfrastruktur wie Mobilfunknetzen ist die Beteiligung von Firmen wie Huawei in höchstem Maße unerwünscht. Auch wenn Deutschland das chinesische Wirtschaftswachstum nicht stoppen kann, kann es dafür sorgen, dass China damit keinen Einfluss zu gewinnen vermag, auch wenn dies eine wirtschaftspolitische Konfrontation erzwingt.

Deutschland muss somit anfangen, eine Außenpolitik zu entwickeln, die sich von der bisherigen Naivität und Gutgläubigkeit entfernt und Deutschlands exponierter geostrategischer und wirtschaftspolitischer Lage gerecht wird. Nun, da die CDU ihre Personalkrise zumindest vorübergehend gelöst hat, bleibt zu hoffen, dass sie nun wieder in der Lage ist, sich dementsprechenden inhaltlichen Debatten zuzuwenden. Insbesondere in Anbetracht der von Annalena Baerbock geäußerten Ansätze ist dies spätestens jetzt dringend notwendig. Bei ihrem ureigenen Kernthema der Außen- und Sicherheitspolitik darf die CDU es nicht zulassen, dass die Grünen überzeugender auftreten als sie selbst.

Im Format #jungemeinung geben JU-Mitglieder ihre persönliche Meinung wieder, die nicht zwangsläufig mit der Beschlusslage der Jungen Union übereinstimmen muss.