Der öffentlich-reformbedürftige Rundfunk

Bereits vier Tage vor der Kapitulation der deutschen Wehrmacht gründete die britische Militärregierung das Radio Hamburg, das später als Nordwestdeutscher Rundfunk Teil der ARD werden sollte. Dies war die Wiege des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland. Als Teil der „vierten Gewalt“ stellt er einen der zahlreichen Stabilisatoren der Demokratie dar, die als Lehre aus dem Scheitern der Weimarer Republik gelten können.

In den letzten Jahren hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk allerdings zunehmend an gesellschaftlicher Relevanz und Akzeptanz verloren, insbesondere beim jüngeren Teil der Bevölkerung. Dieser Ansehensverlust liegt in der ungerechten Finanzierung und zunehmenden Erwartungshaltung der Sender. Hinzu kommen eine Programmgestaltung, die weite Teile der jüngeren Zuschauer nicht mehr anspricht, sowie nicht zuletzt eine zunehmende inhaltliche Tendenz der Programminhalte.

Generell hat das oft kritisierte Konzept der monatlichen „Zwangsgebühr“ durchaus seine Daseinsberechtigung. Nur so können die ÖR von der direkten finanziellen Kontrolle und Beeinflussung des Staates entkoppelt werden, um als neutrale Instanz politisch unabhängig arbeiten zu können. Während die Erhebung einer von sämtlichen Bürgern geleisteten Abgabe als sinnvoll gelten muss, ist die Umsetzung dieser als Pauschale unabhängig von Konsum und Haushaltsgröße äußerst ungerecht. So zahlen der allein wohnende Student, die alleinerziehende Mutter und die siebenköpfige Wohngemeinschaft ihrem unterschiedlichen Nutzungsverhalten zum Trotz denselben Preis.

Dazu kommen die teils üppigen Gehälter der Intendanten, Direktoren und Moderatoren. So verdient der WDR-Intendant Buhrow mit 399.000 Euro Jahresgehalt mehr als Angela Merkel, deren Rolle und Arbeitsleistung für die deutsche Demokratie wohl als ungleich gewichtiger gelten mögen. Das Bild wird vervollständigt durch das ständige Verlangen nach einer deutlichen Erhöhung des Etats und damit des Rundfunkbeitrages. Diese Praxis wird sich vermutlich, der Corona- und der sich anbahnenden Wirtschaftskrise zum Trotz, fortsetzen.

In diesem Kontext muss die Einführung eines ARD Plus, welches für knapp fünf Euro als Kanal für Prime-Kunden auf Amazon zubuchbar ist, geradezu als Verhöhnung des Beitragszahlers gelten, der hier angehalten wird, für von ihm ohnehin finanzierte Beiträge erneut zu zahlen. Dabei ist der ARD zu Gute zu halten, dass sie so, auch im Sinne der Gebührenzahler, die Regelungen zur zeitlichen Begrenzung der Verfügbarkeit von Inhalten in ihrer Mediathek zu umgehen versuchen. Dazu ist aus rechtlichen Gründen eine Bereitstellung gegen Entgelt eine Möglichkeit. Die Kosten des Abonnements überschreiten allerdings die rechtlichen Notwendigkeiten, da bereits ein Centbetrag als Entgelt zu werten wäre.

Nicht nur die Finanzierung, sondern auch die inhaltliche Gestaltung dieses Programmes steht zunehmend in der Kritik. Dabei stellt sich etwa die Frage, warum die deutsche Bevölkerung für die Produktion von Sendungen wie „Rote Rosen“, „Rosenheim-Cops“ und „Traumschiff“ aufkommen muss. Es ist nicht ersichtlich, warum diese Inhalte von einer finanziell und politisch besonders unabhängigen Instanz wie dem ÖRR umgesetzt werden müssen, wenn jeder Privatsender dies genauso gut könnte.

Neben der sehr partikularen Zielgruppe solcher Inhalte ist es im Zeitalter des „video on demand“ auch schwer zu rechtfertigen, warum Inhalte nicht unbegrenzt digital vorgehalten werden können oder dürfen. Zugebenermaßen könnte man diese dann allerdings nicht mehr bei ARD Plus einstellen, um dem Gebührenzahler nochmals gewinnbringend zur Kasse zu beten.

Um diesem desaströsen Missverhältnis von Preis und Leistung eine Krone aufzusetzen, scheinen zumindest Teile des ÖRR ihre Verpflichtung zur politischen Neutralität zunehmend aus den Augen zu verlieren. Während die nachweisliche links-grüne Grundhaltung vieler Journalisten nicht per se problematisch ist, wird sie es, wenn dadurch die ÖR zu einem Tendenzmedium mit Redaktionsmeinung verkommen. Anders als private Medien sollten sich die ÖR zu einer strikten Neutralität verpflichtet sehen.

Nichtsdestotrotz reihen sich die Übertretungen dieses Prinzips aneinander. Neben dem „Umweltsau“-Skandal, der bestenfalls als geschmacklos gelten muss, und Böhmermanns Umtrieben, die inhaltliches Niveau zunehmend gegen politisch links motivierten Vulgärhumor eintauschen, zeigt sich die Ausrichtung der ÖR in seinen Talkshows und den dort geladenen Gästen, der zumindest teilweisen Praktizierung des „Genderns“ und im offen zur Schau gestellten Polit-Aktivismus mancher Moderatoren und Redakteure. Es gehört nicht zum Aufgabenfeld des ZDF, dass Claus Kleber hinter seinem Tresen hervortritt, um der deutschen Gesellschaft mit moralisierenden Worten in ihr kollektives Gewissen zu reden.

Den (vorerst) letzten Höhepunkt des Moraljournalismus erfuhr die ARD mit ihrer Themenwoche #WIELEBEN, die mit den Titeln Ich bin Greta, Aufschrei der Jugend, Was wird uns bewegen?, Die Klimakrise – Deutschland auf der Anklagebank und Ökozid aufwartete. Insbesondere Ökozid verkommt hierbei zu einem ideologisch überformten Tendenzdrama, das mit der Prämisse, dass Deutschland für seine „Verbrechen“ gegen das Klima verurteilt werden könne, solle oder gar müsse, das berechtigte Anliegen des Klimaschutzes diskreditiert und den Zuschauer mutmaßen lässt, dass er sich statt zur ARD zu einem Medium des extrem linken Randes verirrt haben könnte.

Die dargestellten Probleme machen eine umfassende Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zwingend notwendig, wenn dieser eine zentrale gesamtgesellschaftliche Institution der politischen Neutralität innerhalb einer funktionierenden Demokratie bleiben soll.

Dazu bedarf es einer finanziellen Verschlankung und einer Reform des Rundfunkbeitrages, um Kosten einzusparen und durch eine gerechte Kostenverteilung sicherzustellen, die kleinere oder finanzschwächere Haushalte nicht unangemessen benachteiligt. So könnte der Beitrag in Zukunft ohne erheblichen bürokratischen Mehraufwand nach der Anzahl an Erwachsenen in einem Haushalt gestaffelt werden.

Gleichzeitig sollte sich der ÖRR auf die Bereiche Bildung, Information, Beratung und Kultur fokussieren. Die bestehenden Unterhaltungsformate sollen einer sorgfältigen Prüfung ob ihrer Existenzberechtigung, ihrer Relevanz für die Bevölkerung und der Notwendigkeit der Umsetzung durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk unterzogen werden. Insgesamt sollte eine Rückbesinnung auf die Idee der informationellen Grundversorgung versucht werden, sowie auf solche Programme, die zwar unrentabel, aber notwendig für die breite Öffentlichkeit sind.

Nicht zuletzt muss der ÖRR eine Lösung für seine außer Kontrolle geratene inhaltliche Unausgewogenheit finden, nicht nur im Interesse seiner eigenen Existenzberechtigung, sondern auch um ein weiteres Auseinanderdriften der Gesellschaft in Deutschland, an der die ÖR mit ihrem Verhalten wohl als mitverantwortlich gelten können, zu verhindern. Nur so kann der ÖRR den Ideen der Freiheit und Demokratie gerecht werden, mit denen er 1945 begründet wurde.

Im Format #jungemeinung geben JU-Mitglieder ihre persönliche Meinung wieder, die nicht zwangsläufig mit der Beschlusslage der Jungen Union übereinstimmen muss.